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„Die Idee lösen wir nicht auf“

26.03.2010 – Eßlinger Zeitung

 

ES-OBERESSLINGEN: Musiker und Bildhauer Martin Schnabel verlässt Drachenpalast – Atelierhaus und Veranstaltungsort künftig in Waldenbuch

Martin Schnabel räumt den Drachenpalast: Zwischen Leitern stapeln sich Kartons auf Tischen und Paletten, verschwinden Kleinkunst und Skulpturen in großen Kisten. Bis Ende des Monats muss die alte Fabrikhalle in der Oberesslinger Haldenstraße geräumt sein. Doch Schnabel kann nicht alles mitnehmen zu neuen Ufern nach Waldenbuch. Deshalb findet am Wochenende ein Flohmarkt statt: „Das soll ein Abschied nehmen sein.“

Von Elisabeth Schaal

Die Hintergründe sind hinlänglich bekannt: Vom Start weg im November 2002 liefen Anwohner Sturm gegen das ambitionierte Kulturprojekt, bei dem das Multitalent Schnabel gemeinsam mit anderen Künstlern unterschiedlichste Veranstaltungen präsentieren wollte. Vor allem immer höhere baurechtliche Hürden bezüglich des Brandschutzes führten letztlich dazu, dass die Hauseigentümer Heinz Lochmann sowie Ilse und Eberhard Goll das Handtuch warfen. Vorwürfe macht Schnabel dem städtischen Baurechtsamt: „Wir sind mit Auflagen gesegnet worden in einer Form, wie ich sie noch nie erlebt habe. Auch für Außenstehende war irrational, was da veranstaltet wurde.“ Weil angesichts immer neuer Forderungen kein Ende der Fahnenstange in Sicht gewesen sei, hätten die Investoren hingeschmissen. Schnabel: „Ich habe großes Verständnis dafür, dass sie bei diesem Risiko nicht weitergehen wollten.“ Mittlerweile ist das Areal an die Esslinger Wohnbaugesellschaft Schrade verkauft worden.Kontakt geknüpft bei Vernissage.

Tut das große Aus- und Aufräumen nun weh? „Nein“, sagt der 52-jährige Künstler nach kurzem Überlegen und schüttelt den Kopf. Denn eine riesengroße Freude über das Projekt sei nie aufgekommen. „Wir konnten uns auf das Ende lang genug vorbereiten. Einmal hieß es, ja, alles ist in trockenen Tüchern, dann kam ein Nein, dann ein vielleicht gerettet. Da konnte keine Freude aufkommen.“

Den Abschied leichter macht, dass er mit dem Kopf schon intensiv in den Planungen fürs nächste Projekt steckt. Seit drei Wochen ist klar, dass Schnabel mit Frau und knapp 15 Monate altem Sohn das städtische denkmalgeschützte alte Schulhaus in Glashütte, einem Stadtteil von Waldenbuch (Kreis Böblingen), mieten kann. „Wichtigstes Kriterium war, dass wir dort wieder alles unter einem Dach haben werden. Unsere Wohnung, meine Frau Steffi ihr Architekturbüro und ich Atelier und Werkstatt.“ Beim Kontakte knüpfen war übrigens Regierungspräsident Johannes Schmalzl behilflich: Als er bei dem Esslinger Künstler für seine Behörde eine Skulptur erwarb, erfuhr er von Schnabels Raum-Misere.

Bei einer Vernissage im Museum Ritter in Waldenbuch, bei der der wegen seines virtuosen Spiels auch Teufelsgeiger genannte Schnabel auftrat, machte ihn Schmalzl mit Waldenbuchs Bürgermeister Michael Lutz bekannt. Die Rede kam auf das leer stehende Schulhaus. Dort will Schnabel nun im Erdgeschoss einen Raum für Kleinkunst schaffen und diesen auch den örtlichen Vereinen zur Verfügung stellen.

Denn nicht alle Glashütter schmelzen in der Ritter-Sport-Stadt vor Freude über das Vorhaben des künftigen Mitbürgers. „Seit Jahren gab es Überlegungen, wie das von den Glashüttern 1890 selbst gebaute Schulhaus genutzt werden könnte“, erfuhr Schnabel vor Ort. Gegen Überlegungen, es an einen Investor zu veräußern, hatte sich eine Bürgerinitiative formiert. Sie trat dafür ein, dass das „alte Rathäusle“, wie das Gebäude auch genannt wird, von der Bürgerschaft genutzt werden kann. „Dass nun ein Künstler von außen kommt, hat nicht allen geschmeckt“, gibt der Musiker und Bildhauer ehrlich zu. Im langjährigen Kampf mit Oberesslinger Anwohnern gestählt, will er vor Ort in den Dialog treten mit den Einheimischen. Denn „unsere Vorstellungen decken sich im Grunde“. Positiv kam an, dass Schnabel die „nicht einfache Sanierung“ des alten Schulhauses stemmen wird: „Das wird mit der Miete verrechnet und ist für die Stadt Waldenbuch und uns eine gute Lösung.“



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Martin Schnabel
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